Vor mehr als drei Jahrzehnten wurde von der UNO dieser Tag ausgerufen und soll denen gewidmet sein, deren Leben von Gewalterfahrung geprägt ist. Gleichzeitig soll er ein Appell sein, sich gegen Gewalt an Frauen und Mädchen stark zu machen.
Leider wird es immer wichtiger, diesen Tag ganz bewusst zu begehen und offen zu sagen: Stopp! Wir müssen etwas ändern. Ende der 60er Jahre riefen die Frauen „my body, my choice!“ und 60 Jahre später haben leider viele Menschen diesen Satz wohl noch immer nicht verstanden, denn mit der neuen Version „Your body, my choice“ ist seit dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA eine Bewegung bemerkbar, die mich nachdenklich macht. Weitere frauenfeindliche Posts wie „Get back in the kitchen“ tauchen in sozialen Medien auf, Gewaltandrohungen auch auf offener Straße und sogar in Schulen werden junge Mädchen damit konfrontiert.
Die USA zeigt eine Richtung vor, die beängstigend für uns Frauen ist, z.b. auch in der Abtreibungsfrage. Amnesty International schreibt dazu:
„...wenn Abtreibungen eingeschränkt oder unter Strafe gestellt werden, sind die Menschen gezwungen, nach unsicheren Wegen zu suchen, um Schwangerschaften zu beenden. Weltweit werden jedes Jahr schätzungsweise fünf Millionen Frauen wegen abortbedingter Komplikationen in ein Krankenhaus eingeliefert, und etwa 47.000 Frauen sterben. Die USA weisen die höchste Müttersterblichkeit aller Industrienationen auf, und Staaten mit restriktiveren Abtreibungsgesetzen weisen bereits höhere Säuglings- und Müttersterblichkeitsraten auf. Deshalb sind diese neuen Gesetze ein Rezept für eine Katastrophe für die Gesundheit von Frauen.“
Und so zeigt es sich, dass „your body, my choice“ bereits Einzug gefunden hat, denn diese Frauen durften nicht selbst über ihren Körper und ihre Gesundheit bestimmen.
Und auch hier in Österreich haben wir bei den letzten Nationalratswahlen eine Partei an erste Stelle gewählt, die wenig Interesse an Frauengesundheit oder Selbstbestimmung der Frau hat. Wenn ich darüber nachdenke, frage ich mich, ob ich mit meinen Töchtern in Zukunft nur noch Selbstverteidigungskurse besuchen muss? Müssen unsere Töchter sich darauf einstellen, für ihre Rechte zu kämpfen? Ich hoffe nicht, dass es so weit kommt.
Der 25.11. ist auch noch einem Unterthema gewidmet, was Gewalt gegen Frauen betrifft: Es geht um den Roses Revolution Day
Seit 2011 legen Frauen jährlich Rosen vor Geburtsstationen, um das Tabu um Gewalt in der Geburtshilfe zu brechen und aufzuzeigen, dass es auch hier Handlungsbedarf gibt.
Wenn eine Frau unter Geburt ist, ist sie empfänglicher, verletzlicher, offen (im wahrsten Sinne des Wortes auf körperlicher sowie emotionaler Ebene) und in einer Ausnahmesituation, die so einmalig ist, dass man es kaum in Worte fassen kann. Umso mehr gilt es, behutsam und achtsam in dieser Zeit zu sein. Die Frau mit sich selbst, als auch das Umfeld mit der Frau, aber das Geburtsteam auch untereinander.
Übergriffe und Gewaltereignisse kommen leider täglich im Kreissaal vor und werden sogar oft noch als salonfähig betrachtet, denn sie waren ja „notwendig“.
Was fällt unter Gewalt in der Geburtshilfe? Die WHO spricht diesbezüglich von geringschätziger und missbräuchlicher Behandlung, Demütigungen und verbale Beleidigungen, aufgezwungene oder ohne Einverständnis vorgenommene Interventionen, Missachtung der Schweigepflicht, die Verweigerung von Schmerzbehandlungen, grobe Verletzungen der Intimsphäre und die Vernachlässigung der Frau unter der Geburt.
Das Thema ist aber so schwer zu fassen, da es ganz individuell ist, was als traumatisch empfunden wird und was nicht. Wichtig ist immer zu sehen, dass, wie eine Geburt verläuft, Auswirkungen auf die Frau hat, die Körper und Psyche positive wie auch negativ ihr weiteres Leben beeinflusst. Und das betrifft genauso das Neugeborene sowie auch PartnerInnen und das anwesende medizinische Personal.
Daher gilt es achtsam hinzuschauen, Personal besser zu schulen, Strukturen in Kreissälen zu verbessern und den Betroffenen professionelle Unterstützung zu geben.
In einer Fortbildung hat eine Hebamme sehr schön gesagt, sie sieht sich als Begleiterin der Frau und aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich bei der Geburt meiner zweiten Tochter eine Hebamme hatte, die genau das war. Sie war meine Begleiterin, die genau wusste, was ich brauchte, in dem Moment, wo ich es brauchte und mir und meiner Familie mit Ruhe und Achtsamkeit begegnet ist. Gleichzeitig hat sie mir Sicherheit gegeben und ich wusste, dass wir als Team arbeiten. Ich würde jeder Frau wünschen, so gebären zu dürfen.
Ja, nicht jede Geburt verläuft nach den eigenen, idealen Vorstellungen, aber es kommt darauf an, WIE Interventionen gesetzt werden, WIE auf die Frau eingegangen wird und WIE im Nachhinein die Geburt aufgearbeitet wird. Meiner Meinung hat das einen enormen Einfluss darauf, ob eine Geburt das gesamte Leben als Trauma begleitet oder nicht.
Ich könnte noch viel dazu schreiben, da ich von der wunderbaren Bettina Glaser (selbst auf einer Wochenbettstation tätig) eine Menge an Informationen zu dem Thema erhalten habe.
Wenn ihr dazu mehr lesen wollt - Bettina hat einen wundervollen Blogbeitrag dazu geschrieben: Gewalt in der Geburtshilfe - Zwischen Wunde und Wunder - Verein NAGS Austria
Danke dir, Ina!
Mein Resümee am Ende? Es gibt auch 2024 noch viel zu tun, aufzuklären, hinzusehen, aufzustehen und wie vor 60 Jahren zu sagen: „My body, my choice“ und am 25.11. sollten wir das alle tun – sei es in den Spiegel zu sehen und es sich selbst zu sagen oder auch als Status auf WhatsApp oder Social Media. Aber es reicht nicht, nur einen Tag darüber zu reden. Wir müssen jeden Tag bei uns und unseren Kindern ansetzen, um die Zukunft besser zu machen – für eine Welt, wo keine Frau Angst vor Gewalt haben muss und wo nicht die Gesundheit von Frauen wegen Absprache von Selbstbestimmung gefährdet ist.
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