Menstruation ist kein Geheimprojekt
- felicephysiotherap1
- 27. Mai
- 4 Min. Lesezeit
Ein ehrlicher und persönlicher Blick auf die Menstruationsgesundheit

Wir schreiben das Jahr 2025. Es gibt Raketen auf dem Weg zum Mars, Kühlschränke, die mit uns sprechen, und KI, die mir hilft, diesen Beitrag zu schreiben :-) Und trotzdem: Beim Wort Periode wird immer noch geschwiegen, maximal geflüstert. Als ob wir über ein geheimes Ritual sprechen würden – statt über etwas, das monatlich Milliarden von Menschen betrifft, jede Frau gut 40 Jahre lang.
Zeit, das zu ändern. Mit Offenheit, Wissen und einem kleinen Augenzwinkern. Denn das, was in der Gebärmutter passiert, betrifft weit mehr als nur die Menstruierenden selbst – es betrifft uns alle.
Was ist die Menstruation eigentlich?
Die Menstruation ist ein natürlicher, zyklischer Vorgang im Körper einer menstruierenden Person. Einmal im Monat bereitet sich der weibliche Körper auf eine mögliche Schwangerschaft vor. Ungefähr in der Mitte unseres Zyklus reift eine Eizelle heran und wartet auf die Befruchtung. Dazu baucht sich Gebärmutterschleimhaut auf, um dem möglichen neuen Bewohner ein gemütliches Nest zu bereiten. Wird die Eizelle jedoch nicht befruchtet, oder klappt die Einnistung nicht, wird die Schleimhaut samt Eizelle wieder abgestoßen – die Monatsblutung setzt ein.
Was klingt wie ein biologischer Routinevorgang, ist aber tatsächlich ein hochkomplexer hormoneller Tanz. Und nicht selten fühlt es sich so an, als würde das Orchester schief spielen: Stimmungsschwankungen, Schmerzen, Müdigkeit, Heißhunger. Willkommen im Zyklus.
Was passiert dabei – körperlich und emotional?
Die Menstruation ist mehr als „nur“ Blut. Der weibliche Zyklus beeinflusst Muskeltonus, Bindegewebe, Schmerzempfinden, Konzentrationsfähigkeit – sogar das Immunsystem und die emotionale Balance. In der Physiotherapie für Frauengesundheit begegnen mir viele Beschwerden, die in direktem Zusammenhang mit der Zyklusphase stehen – Rückenschmerzen vor der Periode, Beckenbodenverspannungen oder -schwäche, Inkontinenz oder Leistungsschwankungen, um nur ein paar zu nennen.
Dabei ist wichtig zu betonen: Schmerz ist nicht normal. Wer sich jeden Monat tagelang Schmerzmittel einwirft und/ oder nicht mehr in der Lage ist, ihren Alltag zu bewältigen, gehört nicht einfach „mehr abgehärtet“, sondern ernst genommen – medizinisch, gesellschaftlich und persönlich.
Was beeinflusst den Zyklus?
Menstruationsgesundheit ist sensibel. Schlafmangel, Stress, Ernährung, Krankheiten, Hormonpräparate, Reisen oder extreme Gewichtsveränderungen können Einfluss auf den Zyklus haben. Auch psychische Faktoren spielen eine Rolle: Der Hypothalamus – sozusagen das Gehirn hinter den Hormonen – reagiert sehr empfindlich auf Belastungen und kommt der aus der Balance, kommt das Hormonchaos. Auch Krankheiten wie PCOS oder Endometriose können Zyklusstörungen auslösen – oft unbemerkt und lange unerkannt. In Österreich liegt die derzeit durchschnittliche Zeit für eine Diagnose von Endometriose bei 6,6 Jahre und ich glaube, dass ist sehr optimistisch geschätzt.
Ein regelmäßiger Zyklus ist ein wichtiger Indikator für die Gesundheit – wie Puls oder Blutdruck. Und doch wird er kaum beobachtet, geschweige denn besprochen.
Menstruation ist politisch. Und gesellschaftlich.
Es geht nicht nur ums Körperliche. Es geht auch um Rollenbilder, Bildung, Gerechtigkeit. In vielen Ländern und auch in Österreich sprechen wir u.a. endlich über Periodenarmut – also über Menschen, die sich Menstruationsartikel nicht leisten können oder zumindest immer wieder Schwierigkeiten damit haben. Das betrifft mehr Menschen, als viele denken – bei uns bis zu 500.000!
Auch in Schulen kommt das Thema oft viel zu kurz – wenn überhaupt besprochen. Dabei wäre gerade dort der richtige Ort, um frühzeitig Wissen zu vermitteln und Mythen aus der Welt zu schaffen. Inklusive männlicher Mitschüler, bitte! Denn echte Aufklärung funktioniert nur, wenn alle mitlernen dürfen.
Warum Männer mit an den Tisch gehören
Es ist höchste Zeit, dass auch Männer lernen, was im Zyklus passiert. Warum? Weil sie Partner, Söhne, Väter, Freunde, Kollegen sind. Weil sie im Gesundheitswesen, in Unternehmen, in Schulen oder der Politik Entscheidungen treffen. Und weil eine inklusive Aufklärung zu mehr Empathie, Rücksichtnahme und Miteinander führt.
Wer weiß – vielleicht hilft ein bisschen Zykluswissen dabei, Meetings besser zu planen oder Schmerz ernst zu nehmen, statt mit einem "Stell dich nicht so an" oder „Was hast denn heute schon wieder?“ abzutun.
Tabus brechen – schon bei den Kleinsten
Das Schweigen beginnt oft schon in der Kindheit. Wenn Mädchen ihre erste Blutung haben und sich schämen – weil darüber niemand spricht, weil sie bei ihrer Mutter oder größeren Schwester nie den Umgang damit kennen lernen durften. Oder wenn Buben sich abwenden, weil sie nie gelernt haben, was das eigentlich bedeutet.
Wir brauchen eine neue Generation, die selbstverständlich über den eigenen Körper spricht. Die weiß, dass Blut kein Makel ist. Dass Menstruation weder eklig noch peinlich ist, sondern ein Zeichen von Gesundheit und Fruchtbarkeit. Und ja – manchmal auch ein Grund für Schokolade zum Frühstück. Völlig okay.
Ein Anfang? Redet zu Hause offen über die Periode oder lest gemeinsam darüber ein Buch (meine Mädels und ich mögen das Buch: „Ich und meine Yoni“ von Antonia Pichler). Lasst eure Kinder Fragen stellen und beantwortet sie kindgerecht, aber korrekt! Und hört auf, Hygieneprodukte zu verstecken, als wären es geheime Waffen. Menstruation ist kein Skandal – sie ist Leben.
Was hat das mit meiner Arbeit als Physiotherapeutin zu tun?
Sehr viel. Als Therapeutin für Frauengesundheit arbeite ich tagtäglich mit Menschen, deren Beschwerden mit dem Zyklus zusammenhängen – und die oft jahrelang dachten, das sei eben „normal“. Ähmmm… Nein, ist es nicht.
Mit gezielten Übungen, manueller Therapie, Körperwahrnehmung und Aufklärung kann man Beschwerden lindern, Selbstwirksamkeit fördern und Vertrauen in den eigenen Körper zurückgewinnen. Dafür braucht es Wissen – und eine offene Gesprächskultur.
Ein Schlusswort mit einem Augenzwinkern
Stell dir vor, Männer würden menstruieren. Wir hätten vermutlich kostenlosen Zugang zu Menstruationsprodukte inkl. Tampon-Wärmer auf Herrentoiletten, Periodenpausen im Arbeitsvertrag und einen „Blutorden“ für tapfer überstandene Krämpfe. Stattdessen kämpfen viele menstruierende Menschen Monat für Monat mit Schmerzen, Scham und Schweigen.
Aber: Es ändert sich was. Immer mehr Menschen sprechen offen über Zyklusgesundheit. Immer mehr Schulen, Medien und Fachpersonen setzen sich für Aufklärung ein.
Und du? Du hast diesen Beitrag bis hierher gelesen. Das ist ein Anfang. Bleib neugierig, bleib offen – und sprich drüber. Denn je mehr wir reden, desto leiser wird das Tabu.
Comments